What has failed miserably in China and Russia can still succeed in developing countries. To do so, we must listen better, dispense with moralising – and offer fair trade agreements.
As Europeans at heart, we are convinced: despite all its weaknesses and shortcomings, the EU is a great project. Liberal democracy and the social market economy have made peace, freedom and broad prosperity possible.
At the same time, we know that many people in Africa are critical of Europe and the “West”. This is not only due to colonialism and wounds of the past: the EU and the USA are pushing their own interests hard, especially in trade policy. Moreover, credibility has suffered from questionable wars like the one in Iraq.
Nevertheless, we, like the historian Heinrich-August Winkler, believe that the “normative project of the West” has not lost its radiance. The promise of human rights, the rule of law, the separation of powers and representative democracy: all these remain desirable to people all over the world.
The fact that so many of them are deprived of these rights is also due to our mistakes: Double standards and arrogant foreign and development policies are a good opportunity for autocrats who want to discredit the model of liberal democracy. But how can we take the wind out of their sails and gain credibility? Six points are crucial:
First, listen better. Foreign Minister Baerbock put it this way in the debate on the new Africa strategy: Europeans must listen better in talks with Africans and address the wounds of the past. In fact, we too often come up with fixed opinions instead of asking and questioning. We need more humility and more dialogue formats.
Secondly, be more honest. “Values-based politics” – that sounds good. But if values alone were to guide our actions, few countries would be left as trade and cooperation partners. We should therefore be more open about the fact that our policies are also guided by interests that are contrary to our values: To secure our prosperity and prevent displacement, we cooperate with dictators from Mali to Qatar to China.
Thirdly, preach less. It would do us good to talk about values less often and less pathetically. Africans in particular often perceive this as self-righteous or even mendacious – not least because the EU has been determined to assert its own interests in trade policy.
Fourthly, look for common ground. Those who admit to their own interests can work out common interests and win-win perspectives more credibly. Europe wants to prevent flight, Africa a brain drain. Europe needs raw materials and energy, Africa needs jobs and more added value.
Fifth, argue economically. Our prosperity makes us even more attractive than peace and freedom. Anyone who wants to promote the European model must therefore focus on economic arguments – and we have them. Unlike the Chinese Communist Party, we have already proven that our model can create broad-based prosperity.
Sixth: Offer more. In addition, fair offers must be made to allow partner countries to share in Europe’s prosperity. Attractive financing for infrastructure projects such as solar and wind parks are just as important as trade agreements that promote local value creation. For only if we don’t degrade African partners to raw material suppliers can prosperity and win-win situations arise.
However, such offers should be reserved for governments that credibly fight corruption and push for reforms in the sense of a social-ecological market economy. Only then will infrastructure development and trade benefit many – and not just ruling elites.
In concrete terms, this means that we have to link trade and cooperation agreements with social and ecological standards in order to really make a difference. Mind you, this is not about bureaucratic detail regulations à la chlorinated chicken, but about elementary political standards such as minimum wages and independent anti-corruption authorities.
We are convinced that in this way Europe can gain credibility, convince more African countries to cooperate closely and make trade a driver of change again. Therefore, let’s do it.
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Deutsche Version
Wandel durch Handel: Wie es noch klappen kann – und wo
Was in China und Russland krachend gescheitert ist, kann in Entwicklungsländern dennoch gelingen. Dafür müssen wir besser zuhören, auf Moralpredigten verzichten – und faire Handelsverträge anbieten.
Als Herzenseuropäer sind wir überzeugt: Trotz aller Schwächen und Unzulänglichkeiten ist die EU ein großer Erfolgsprojekt. Liberale Demokratie und Soziale Marktwirtschaft haben Frieden, Freiheit und breiten Wohlstand ermöglicht.
Zugleich wissen wir, dass gerade in Afrika viele Menschen sehr viel kritischer auf Europa und den „Westen“ blicken. Das liegt nicht nur am Kolonialismus und Wunden der Vergangenheit: Die EU und die USA setzen gerade in der Handelspolitik knallhart eigene Interessen durch. Zudem hat die Glaubwürdigkeit unter fragwürdigen Kriegen wie im Irak gelitten.
Dennoch glauben wir wie der Historiker Heinrich-August Winkler, dass das „normative Projekt des Westens“ nicht an Strahlkraft verloren hat. Das Versprechen der Menschenrechte, die Herrschaft des Rechts, die Gewaltenteilung und die repräsentative Demokratie: all das bleibt für Menschen in aller Welt erstrebenswert.
Dass diese Rechte so vielen von ihnen vorenthalten bleiben, liegt auch an unseren Fehlern. Denn unsere Doppelmoral und eine überhebliche Außen- und Entwicklungspolitik sind Steilvorlagen für Autokraten, die das Modell der liberalen Demokratie diskreditieren wollen. Aber wie können wir ihnen den Wind aus den Segeln nehmen und an Glaubwürdigkeit gewinnen? 6 Punkte sind entscheidend:
Erstens: Besser zuhören. Außenministerin Baerbock hat es in der Debatte um die neue Afrika-Strategie so formuliert: Europäer müssten in Gesprächen mit Afrikanern besser zuhören und die Wunden der Vergangenheit adressieren. In der Tat treten wir zu oft mit festgelegten Meinungen an, statt zu fragen und zu hinterfragen. Wir brauchen mehr Demut und mehr Dialogformate, sei es für Politiker, Diplomaten, Unternehmer oder Schüler und Studenten.
Zweitens: Ehrlicher sein. „Wertebasierte Politik“ – das klingt gut. Aber wenn allein Werte unser Handeln leiten würden, blieben wenige Länder als Handels- und Kooperationspartner übrig. Wir sollten deshalb offener dazu stehen, dass unsere Politik auch von Interessen geleitet ist, die im Gegensatz zu unseren Werten stehen: Um unseren Wohlstand zu sichern und Flucht zu verhindern, kooperieren wir mit Diktatoren von Mali über Katar bis China.
Drittens: Weniger predigen. Es stünde uns deshalb gut zu Gesicht, seltener und weniger pathetisch über Werte zu reden. Gerade Afrikaner empfinden das vielfach als selbstgerecht oder gar verlogen – nicht zuletzt, weil die EU zuletzt in der Handelspolitik entschlossen eigene Interessen durchgesetzt hat.
Viertens: Verbindendes suchen. Wer zu den eigenen Interessen steht, kann glaubwürdiger gemeinsame Interessen und Win-Win-Perspektiven herausarbeiten. Europa will Flucht verhindern, Afrika einen Brain-Drain. Europa braucht Rohstoffe und Energie, Afrika Jobs und mehr Wertschöpfung.
Fünftens: Ökonomisch argumentieren. Attraktiver noch als Frieden und Freiheit macht uns unser Wohlstand. Wer für das europäische Modell werben will, muss deshalb wirtschaftliche Argumente ins Zentrum rücken – und die haben wir zu bieten. So haben wir anders als die chinesische KP bereits bewiesen, dass unser Modell breiten Wohlstand schaffen kann.
Sechstens: Mehr anbieten. Hinzu kommen müssen faire Angebote kommen, um Partnerländer am europäischen Wohlstand teilhaben zu lassen. Attraktive Finanzierungen für Infrastrukturprojekte wie Solar- und Windparks sind hier genauso wichtig wie Handelsverträge, die Wertschöpfung vor Ort fördern. Denn nur, wenn wir afrikanische Partner nicht zu Rohstofflieferanten degradieren, können Wohlstand und Win-Win-Situationen entstehen.
Solche Angebote sollten aber Regierungen vorbehalten sein, die glaubwürdig Korruption bekämpfen und Reformen im Sinne einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft anschieben. Denn nur dann kommen Infrastruktur-Aufbau und Handel vielen zugutekommen – und nicht nur herrschenden Eliten.
Konkret bedeutet das: Wir müssen Handels- und Kooperationsverträge mit sozialen und ökologischen Standards verknüpfen, um wirklich etwas zu bewegen. Wohlgemerkt: Dabei geht es nicht um bürokratischen Detail-Vorschriften à la Chlorhühnchen, sondern um elementare politische Standards wie Mindestlöhne und unabhängige Antikorruptionsbehörden.
Wir sind überzeugt: Auf diese Weise kann Europa an Glaubwürdigkeit gewinnen, mehr afrikanische Ländern von engen Kooperationen überzeugen und den Handel wieder zum Treiber des Wandels machen. Packen wir es an.